Moving Umfrage Reform
21.11.2025

Pressemitteilung


Politik brüstet sich mit Billig-Führerschein-Modell: Diese Sparpolitik riskiert Menschenleben

Bundesverkehrsminister Patrick Schnieder (CDU) will den Führerschein günstiger machen – und das auf Kosten der Sicherheit. Sein Plan: Präsenzpflicht in der Theorie abschaffen und durch digitalen Distanzunterricht und Lern Apps ersetzen. Doch Experten warnen: Das Modell ist nicht zu Ende gedacht. Rein digitaler Unterricht bleibt weniger im Gedächtnis und sicherheitsrelevante Themen werden nicht ausreichend verankert, was gerade bei jungen Menschen das Unfallrisiko erhöht. Deshalb müssen Inhalte in zusätzlichen Fahrstunden nachgeholt werden – und das macht den Führerschein am Ende sogar teurer.

Berlin, 20.11.2025 – Die Politik glaubt, sie hätte die Lösung für das Ärgernis der Nation – die steigenden Führerscheinkosten: Die Präsenzpflicht soll weg, theoretisches Wissen per Onlineunterricht oder Lern App vermittelt werden. Doch was wie Fortschritt klingt, ist in Wahrheit ein massiver Abbau von Sicherheitsstandards. Fahranfänger sollen künftig lebenswichtige Sicherheitskenntnisse allein erarbeiten – ohne direkte Anleitung und Diskussion mit erfahrenen Fahrlehrern.

Junge Fahrer besonders gefährdet – Präsenzunterricht Schlüssel zu sicherem Fahren

Jeden Tag stirbt mehr als ein junger Mensch im Straßenverkehr – Fahrer im Alter zwischen 15 und 24 Jahren. Die Zahlen sind alarmierend: Obwohl junge Menschen nur 7,5 % der Bevölkerung ausmachen, stellen sie 15,5 % aller Verletzten und 12 % aller Verkehrstoten. Doch junge Fahrer sind nicht nur überproportional häufig Unfallopfer, sie verursachen auch überdurchschnittlich viele Unfälle: Fast ein Fünftel (18,6 %) aller Pkw-Unfälle mit Personenschaden geht auf das Konto von 18- bis 24-Jährigen.
Dennoch gehen die Unfallzahlen junger Erwachsener im Straßenverkehr langfristig kontinuierlich zurück. Während 1991 noch 2.749 junge Menschen tödlich verunglückten und die Zahl 2001 bei 1.606 lag, waren es 2020 noch 326 Todesopfer (1) 

Die Verbesserung dieser Zahlen in den letzten Jahrzehnten ist eng mit professioneller Fahrausbildung verbunden. Denn nur im Präsenzunterricht lernen Fahrschüler, Risiken richtig einzuschätzen, Gefahren im regionalen Straßenverkehr zu erkennen und soziale Kompetenzen für sicheres Fahren zu entwickeln.

Experten warnen: Schnieders Billig-Führerschein ist gefährlicher und teurer Irrweg

Jörg-Michael Satz, Präsident der MOVING International Road Safety Association e.V., warnt: „Schnieders Reform ist ein gefährlicher Irrweg. Sicherheitsrelevante Inhalte nicht mehr gemeinsam in der Fahrschule zu erarbeiten, wird Menschenleben kosten.“ 

Fahrlehrer Sascha Fiek ergänzt aus der Praxis: „Ohne den theoretischen Präsenzunterricht, in dem ausgebildete Fahrlehrer auf die Fahrpraxis vorbereiten, müssen wir in den praktischen Fahrstunden viel mehr Zeit einplanen, um Fragen zur Verkehrssicherheit zu beantworten und das per App Gelernte zu erklären. Das führt im Zweifel zu mehr Fahrstunden – und damit zu höheren Kosten für die Fahrschüler, die ja eigentlich gesenkt werden sollen.“

Auch ein Gutachten2 von Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer von der Universität Ulm belegt: „Der Wegfall des Präsenzunterrichts reduziert die wichtige Interaktion zwischen Lehrern und Schülern sowie unter den Schülern selbst. Das verringert nachhaltig das Lernen und die Vermittlung sozialer Kompetenzen – und gefährdet mittelfristig die Sicherheit im Straßenverkehr.“ Der Experte weist darauf hin: „Das reine Auswendiglernen von Einzelheiten führt nicht zu Wissen, denn das ist grundsätzlich immer vernetzt und anwendungsorientiert. Richtige Kreuzchen auf einem Fragebogen bedeuten nicht, dass man den Straßenverkehr wirklich versteht.“

Lösung: Sicherheit und Kosteneffizienz vereinen
MOVING e.V. steht mit dem Verkehrsministerium im Austausch und hat bereits ein Eckpunktepapier mit einer Stellungnahme vorgelegt, inklusive Lösungsvorschlägen, die gemeinsam von Branchenvertretern entwickelt wurden – nachweislich sicher, kostensenkend und kurzfristig umsetzbar.

Darin schlägt MOVING e.V. eine integrierte Lösung vor: Eine theoretische Ausbildung mit sicherheitsrelevanten Themen in Präsenz, kombiniert mit modernisierter fahrpraktischer Ausbildung inklusive Fahrsimulatoren unter Fahrschulaufsicht. „Für die Theorie empfehlen wir ein Blended-Learning-Konzept, das Flexibilität und Effizienz ermöglicht, vorausgesetzt sicherheitsrelevante Themen, wie Geschwindigkeit, Abstand, Gefahrenerkennung, Fahreignung, Fahrtüchtigkeit, Drogen und Risikomotive werden zwingend im Präsenzunterricht vermittelt“, so Satz.

In Kombination aller Maßnahmen können die durchschnittlichen Ausbildungskosten nachhaltig um mehr als 20 Prozent gesenkt werden – bei gleichzeitiger Wahrung höchster Verkehrssicherheitsstandards.

Die Politik schweigt und gaukelt eine Lösung vor die keine ist

„Mit der vorgeschlagenen integrierten Lösung können wir die Kosten senken, ohne die Sicherheit der Fahranfänger zu gefährden. Doch bisher bleibt eine klare Antwort vom Verkehrsministerium aus“, so Jörg-Michael Satz. „Stattdessen wird den Bürgern ein Billig-Führerschein in Aussicht gestellt – während die möglichen Konsequenzen verschwiegen werden, die Menschenleben gefährden und den Führerschein am Ende nicht einmal günstiger machen.“

Jörg-Michael Satz macht auf weitere Folgen aufmerksam: „Die Aussicht auf eine Lösung, die keine ist, führt dazu, dass viele Fahrschüler den Start ihrer Führerscheinausbildung verschieben, um auf eine Gesetzesänderung zu warten, deren Inkrafttreten noch nicht einmal abzusehen ist. Mit dieser abwartenden Haltung werden viele Fahrschulen in eine wirtschaftliche Schieflage geraten. Gleichzeitig führt der Ausbildungsstau dazu, dass die Kapazitätsgrenzen vieler Fahrschulen erreicht werden und sie die angestauten Fahrschüler nicht rechtzeitig ausbilden können.“
 

Fazit: Ein Reformversprechen, das zur Gefahr wird

Der vermeintliche Billig-Führerschein entpuppt sich als trügerische Sparmaßnahme, die weder Kosten senkt noch die Sicherheit junger Fahrer gewährleistet. Anstatt bewährte Sicherheitsstandards abzubauen, braucht es eine moderne, integrierte Ausbildung, die Effizienz mit Verkehrssicherheit verbindet. Nur so lässt sich verhindern, dass politische Schnellschüsse am Ende Menschenleben gefährden – und die Bürger teuer zu stehen kommen.

Quellen: 
1 Statistisches Bundesamt: Verkehrsunfälle. Unfälle von 18- bis 24-Jährigen im Straßenverkehr 2020. und: Deutsche Verkehrswacht. Verunglückte junge Menschen im Straßenverkehr im Jahr 2024, Junge Erwachsene – Unfallstatistik – Deutsche Verkehrswacht
2 Gutachten „Theorieunterricht in Fahrschulen: Digital oder Präsenz?“, Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer, April 2022

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